10.01.2021 | ca. 7 min. Lesezeit | Artikel drucken

Billig kaufen, teuer verkaufen? – Warum ein Sparplan besser ist als Market-Timing

Market-Timing-Strategien sind kostspielig. Mit einem automatisierten Sparplan und fest definierten Regeln können Anleger der Versuchung widerstehen, den perfekten Einstiegszeitpunkt zu finden.

Wie oft erwischt man eine grüne Welle im Straßenverkehr zum Feierabend? – So gut wie nie. Stattdessen schaltet man in den ersten Gang, bewegt die Karosserie von einer zur nächsten Ampel. Schritt-Tempo, Stillstand, hektische Spurwechsel. Ein Kampf um wenige Meter. Der Stresspegel steigt, die Situation ist buchstäblich ausweglos. Market-Timing-Strategien an der Börse gleichen dem Versuch, in einem Verkehrsstau schneller zu sein als andere.

Warum noch warten?

Dennoch versuchen viele Anleger, den perfekten Einstiegszeitpunkt zu finden und scheitern an diesem Vorhaben. Einer Analyse des Research-Unternehmens Dalbar zufolge schnitten Aktionäre in den USA aufgrund ihres schlechten Timings in den vergangenen 10 Jahren im Durchschnitt wesentlich schlechter ab (4,9 % p.a.) als wenn sie ihre Anlagesumme einfach über die gesamte Laufzeit in den Aktienindex S&P 500 gesteckt hätten (8,5 %). Das Fonds-Analysehaus Morningstar kommt für globale Investoren zu ähnlichen Ergebnissen.

 

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Die meisten Anleger haben kein gutes Market-Timing.
Aber warum ist es so schwer, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen?

 

Eine gefährliche Versuchung

Die Idee ist verlockend: Man müsste doch nur die Börsennachrichten verfolgen. Wenn es an den Märkten bergab geht, ist das die perfekte Gelegenheit, um mit breit streuenden und kostengünstigen ETFs in den Aktienmarkt einzusteigen, so die Logik von Timing-Verfechtern.

„Wenn es so einfach wäre, dann würden Börsenkommentatoren selbst am Aktienmarkt reich werden.”

„Wenn es so einfach wäre, dann würden aktive Privatanleger viel bessere Ergebnisse bei der Geldanlage erzielen und die Börsenkommentatoren würden selbst am Aktienmarkt reich werden, statt nur Börsenbriefe und Bücher zu verkaufen”, sagt Kim Felix Fomm, Chief Investment Officer und Leiter der Investment- und Vorsorgesparte bei Raisin DS. „Aktuelle Studien belegen hingegen, dass die meisten Privatanleger Rendite verlieren, weil sie es nicht schaffen, den Markt zu timen. Es kommt auf die Zeit im Markt an und nicht auf den perfekten Einstiegszeitpunkt. Wer nicht investiert ist, kann keine Rendite erzielen.“

Anleger überschätzen die Börsen-Nachrichten

Investoren, die sich allein in den Nachrichten über die Börse informieren, lassen außer Acht, dass Finanznachrichten immer nur reaktiv sind und versuchen, vergangene Kursentwicklungen zu erklären. An der Börse hingegen wird die Zukunft gehandelt: Professionelle Finanzmarkt-Akteure analysieren Kursentwicklungen anhand von quantitativen Methoden und makroökonomischen Zusammenhängen. Sie untersuchen die Bilanzen der Aktiengesellschaften auf Herz und Nieren und nutzen Kennzahlen, um den aktuellen Wert von Aktien bestimmen und vor allem ihr Wachstumspotenzial in der Zukunft einschätzen zu können.

All dies tun Börsen-Journalisten in der Regel nicht. Sie berichten deskriptiv: Die Aktienkurse seien um x Prozent gestiegen oder um y Prozent gefallen. In der verknappten Börsenberichterstattung der Tagesschau bspw. sind dafür meist die Zentralbanken oder politische Entwicklungen verantwortlich. In Ansätzen mag das auch stimmen. Doch das Auf und Ab Börse ist wesentlich komplexer. Es ist eine gefährliche Versuchung für Privatanleger, aus der aktuellen Nachrichtenlage einen perfekten Kaufzeitpunkt für Wertpapiere abzuleiten.

Wer wartet, verpasst das Beste!

Auch die langfristige Analyse der Aktienmärkte ermöglicht keine verlässlichen Timing-Strategien: In den vergangenen 10 Jahren sind die Aktienkurse kontinuierlich gestiegen. Es handelt sich um den längsten Bullenmarkt in der Geschichte der Börse. Hätte man doch am Tiefpunkt der Finanzmarktkrise 2008 den Mut aufgebracht und investiert, stünde man heute wesentlich besser da. Der Gedanke liegt nahe, einfach auf den nächsten großen Crash zu warten und dann zu investieren, wenn die Kurse am Boden sind – oder nicht?

Um dieser Gedankenfalle zu entkommen, sollte man sich vergewissern, warum man damals nicht eingestiegen ist: Niemand wusste mit Sicherheit, wann der Tiefpunkt an den Märkten erreicht ist. Die Medien berichteten von einer Bankenpleite nach der anderen, auf die Finanzkrise folgte die Staatsschuldenkrise und die Eurokrise – kein angenehmes Szenario für einen Einstieg in den Markt.

Eine Dekade später spielen selbsternannte Crash-Propheten mit der Furcht der Anleger und verbreiten düstere Szenarien in ihren Büchern, die über Amazon reißenden Umsatz finden. Doch auch sie wissen nicht mehr als andere. Der große Crash könnte morgen kommen, noch jahrelang auf sich warten lassen oder in dem Ausmaß von 2007/2008 nie wieder zurückkehren.

Zögernde Anleger verfallen in Lethargie und verpassen die Wertentwicklung an den globalen Finanzmärkten: Wer die besten 10 Tage am Markt verpasst, hat den Wert seines Portfolios einer wissenschaftlichen Analyse zufolge schon um 50,8 % gesenkt (Estrada 2008). Das Beispiel lässt sich auch auf den Deutschen Leitindex DAX übertragen. Wer von 1998 bis 2017 die besten 20 Tage verpasst hatte, machte bereits Verluste (siehe Grafik):

Je länger Anleger mit dem Einstieg zögern, desto eher verpassen sie renditestarke Marktphasen.

„Buy and Hold“ schlägt Market-Timing

Die „Buy and Hold“-Strategie steht im starken Kontrast zum Market Timing. „Buy and Hold“ bedeutet so viel wie „Kaufen und Halten“ und ist ebenso einfach zu erklären: Anleger kaufen Aktien, z.B. in Form von ETFs,  und halten diese nach den Grundsätzen für erfolgreiche Geldanlagen, um langfristig an der Wertentwicklung der Finanzmärkte zu partizipieren, bis die Anlageziele erreicht werden.

Berechnungen des US-amerikanischen ETF-Spezialisten Vanguard belegen, dass eine „Buy and Hold”-Strategie besser performt als Market Timing. In einem Zeitraum von 1985 bis 2018 wurde die Wertentwicklung einer „Buy and Hold“-Strategie von 1.000 Britischen Pfund mit der Market-Timing-Strategie verglichen. Dabei gilt die Annahme, dass ein Investor das Portfolio nach einem Anstieg von 10 % vom Tiefpunkt des Marktes erwirbt und nach einem Kursrückgang von 10 % vom Höchststand des Marktes verkauft. Nach 33 Jahren ergibt sich eine Wertentwicklung von 7.000 Pfund für die „Buy and Hold“-Strategie (5,9 % p.a.) und 4.770 Pfund für die Market-Timing-Strategie (4,7 % p.a.).

 

Buy and Hold-Strategien übertreffen Market-Timing in der Performance.
Buy and Hold-Strategien übertreffen Market-Timing von 1986 bis 2018 (Grafik: Vanguard).

 

Mit dem Sparplan regelbasiert investieren

Das tägliche Beobachten der Märkte ist nicht nur aufwändig und zeitintensiv, sondern auch mit viel Stress verbunden. Wer möchte schon Zeit damit verbringen, auf Charts zu starren und nach Kaufgelegenheiten zu suchen?

Mit einem Sparplan entkommen Anleger der Versuchung, den Markt schlagen zu wollen, denn Investitionen erfolgen diszipliniert und regelbasiert auf monatlicher Basis. Durch die regelmäßigen Einzahlungen entsteht ein Durchschnittskosten-Effekt, der Einstiegszeitpunkt wird damit langfristig irrelevant.

Darüber hinaus können Anleger einen Sparplan mit einer Einmalzahlung kombinieren, um sich sofort Chancen auf Wertentwicklung mit der „Buy and Hold“-Strategie zu sichern und zusätzlich weiter Kapital aufzubauen. So werden Zeit und Volumen im Markt maximiert.

Damit bleibt genug Zeit für die wichtigeren Dinge des Lebens, z.B. sicher und entspannt durch den Feierabend-Verkehr nach Hause zu kommen.

 

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Quellen: Vanguard-Grafik (Link), Dalbar-Studie (Link), Morningstar (Link), Estrada-Studie.

 

Risikohinweis: Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Der Wert der vermittelten ETF und Indexfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen und folgenden Risiken: 1. Allgemeine Risiken von Kapitalanlagen (wie Konjunkturrisiko, Zinsänderungsrisiko), 2. Wertpapierspezifische Risiken (wie Aktienkursrisiko, Bonitätsrisiko), 3. Spezielle Risiken von Anlagen in Investmentfondsanteile, 4. Spezielle Risiken von Anlagen in ETFs und Indexfonds, 5. Spezielle Risiken bei der Abwicklung von Wertpapieraufträgen. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Risiken finden Sie hier.