10.09.2019 | ca. 6 min. Lesezeit | Artikel drucken

Bleiben die Zinsen für immer niedrig? Diese Analyse widerlegt Untergangs-Szenarien

Medien überschlagen sich mit Meldungen über die Ausmaße des Zinstiefs: Bleiben die Zinsen für immer niedrig oder „nur“ bis zum Jahr 2050? In unserem aktuellen Zinsradar schauen wir genauer auf die Zinsentwicklung für Sparer.

„Deutsche Sparer im Zins-Würgegriff“ titelte die ARD Ende August in einem Beitrag über die Zinsentwicklung. Bert Flossbach, einer der bekanntesten deutschen Fondsmanager, drückt es nicht minder dramatisch aus: „Die Zinsen bleiben für immer niedrig“, sagte er im Handelsblatt. Auf der Suche nach wissenschaftlichen Belegen für diese wilden Thesen stoßen Interessierte auf eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) mit dem Titel: „Kein Ende in Sicht“ – die niedrigen Zinsen werden demnach „noch bis zum Jahr 2050 ein Dauerthema sein“.

Um es vorweg zu nehmen: Ja, die Zinsen sind und bleiben auf einem historisch niedrigen Niveau (siehe Grafik). Deutsche Banken gehen aber davon aus, dass dieses Zinsniveau nicht für immer anhalten wird, sondern voraussichtlich weitere 5 Jahre.

Entwicklung der Zinssätze für private Einlagen

Historische Entwicklung der Zinssätze für Privatkundeneinlagen
Durchschnittlicher Zinssatz für neue Einlagen, Privathaushalte, Laufzeiten von 1 Jahr, EZB-Daten, in Prozent. Anmerkung: Die niederländische Zentralbank-Zeitreihe für Einlagen mit Laufzeiten bis zu einem Jahr umfasst ein länderspezifisches „Baudepot“ mit höheren Durchschnittszinsen als Übernachtungs- und Termineinlagen.

 

Um eine realistische Zinsentwicklung abzubilden, hat WeltSparen mit dem monatlichen Zinsradar eine eigene unabhängige Analyse, die zeigt, dass die Zinsen zwar sinken, es aber in einigen Ländern Europas noch immer attraktive Zinsangebote gibt:

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Zinsrutsch auf dem gesamten Kontinent

Die meisten Europäer leben nach wie vor in niedrigeren Zinsverhältnissen von 0,2 %, bei weitem nicht genug um mit der Inflation Schritt zu halten. Leicht steigende Zinsen gab es nur in zwei Ländern: Sowohl Frankreich als auch Belgien setzten ihre Aufwärtstrends fort, während Finnland sowie das Vereinigte Königreich, Rumänien, die Tschechische Republik und Polen außerhalb der EU-Zone mit 0,99 % und mehr deutlich höhere Privatkunden-Zinsen aufwiesen als anderswo in Europa.

Zinsentwicklung zum Vormonat / Vorjahr

Privatkunden- Zinsentwicklung im Vergleich zum Vormonat / Vorjahr
Durchschnittlicher Zinssatz für neue Einlagen, private Haushalte; Laufzeiten von 1 Jahr, EZB-Daten. Anmerkung: Die Zeitreihe der niederländischen Zentralbank für Einlagen mit Laufzeiten bis zu einem Jahr umfasst ein länderspezifisches „Baudepot“ mit höheren Durchschnittszinsen als Tages- und Termineinlagen. Die höheren Privatkunden-Zinsen Frankreichs und der Niederlande kommen durch staatliche Subventionen für Sparpläne bzw. Ersparnisse im Zusammenhang mit Immobilien zustande und sind somit keine tatsächlichen Ausreißer, sondern lediglich statistische Abweichungen.

 

Die Privatkunden-Zinsen auf dem restlichen Kontinent rutschen derweil weiter nach unten. In Deutschland ist der Zins nach mehreren stagnierenden Monaten auf 0,1% gefallen (-20 Basispunkte im Vergleich zum Vorjahr). Irland, wo das Zinsniveau bereits am unteren Ende liegt, rutscht mit 0,03% noch weiter nach unten. In Spanien liegen die Zinsen mit 0,04% ebenfalls am Boden.

Die Zinsen in Portugal, Belgien, Österreich, Slowenien und Litauen — sowie außerhalb der Euro-Zone Schweden, Dänemark, Ungarn und Bulgarien — liegen ebenfalls alle unter 0,2%.

Die Slowakei verlor mit -61 Basispunkten, Zypern setzte seinen Abwärtstrend fort, und Estland flachte nach einem jüngsten Aufwärtstrend wieder ab. Luxemburgs Zinsen setzen unterdessen ihre Achterbahnfahrt fort: Vor einem halben Jahr sind die Zinsen von einem Monat zum anderen um 175 % gestiegen, anschließend um 27 % und gefallen und schließlich jüngsten Daten der EZB zufolge um 26 Basispunkte (+433 %) gestiegen.

Zinsen für Privatkunden der 3 größten Banken

Privatkundeneinlagenzinsen der 3 größten Banken
Durchschnitt der einjährigen Einlagenangebote für Privatkunden, die von den 3 größten Banken auf dem lokalen Markt angeboten werden; stand 30.05.2019. Kriterien: 10.000 EUR Kaution; Angebote sowohl für neue als auch für bestehende Kunden. In der Regel, größte Banken auf der Grundlage der Bilanzgröße, die Termineinlagen anbieten.

 

Zinsvergleich der größten Banken mit den besten Angeboten

Nach einer Erholung im Frühjahr zeigt Irland neue Rückgänge bei den Top-Angeboten für 1- und 3-jährige Einlagen, aber auch in Deutschland ist der Zins für 1-jährige Einlagen von 1,01% auf 0,92 % und für 3-jährige Einlagen auf 1,14% von 1,22% gesunken. Lediglich die italienischen 3-Jahres-Zinsen stiegen um mehr als 0,05%. Die Zinsen für 1 und 3 Jahre im Vereinigten Königreich fielen spürbar, insbesondere für die längerfristigen Angebote.

Deutschlands berüchtigte „Zinsschere“ – die große Lücke zwischen den Raten der drei größten Banken des Landes und den besten Angeboten am Markt – schließt sich nur langsam, da die Top-Angebote auf ein Jahr etwas sinken. Damit sind die Zinsen der besten 1-Jahres-Termineinlagen aber immer noch 35-mal höher als die besten Angebote der 3 größten Banken.

Irland erlebte unterdessen einen Rückgang seiner ohnehin niedrigen Spitzenangebote von 0,37% auf 0,30%, also nur noch doppelt so hoch wie die Angebote der größten Banken. Die größten Banken der Niederlande haben ihre besten Angebote erhöht und damit die Zinsschere um die Hälfte geschlossen.

Höchste Zinsen für private Einlagen in der EU

Höchste Einzelhandelseinlagenzinsen in der EU
Durchschnitt der Top 3 Termin-Einlagenangebote für Privatkunden auf Basis lokaler Vergleichsseiten ab dem 25.08.2019. Kriterien: 10.000 EUR Kaution; 1 Produkt pro Bank; Angebote sowohl für neue als auch für bestehende Kunden.

 

Geschäftskunden: Deutschland ist Schlusslicht

Belgien und Deutschland, beide im negativen Bereich bei den Zinsen für Geschäftskunden-Einlagen, tauschten die letzten Plätze: Belgiens Unternehmenszinsen stiegen wieder auf 0, während Deutschland von 0 auf -0,09 % rutschte und damit das Schlusslicht bildet. In Luxemburg und den Niederlanden bleiben die Zinsen ebenfalls unter 0%.

In Österreich, der fSlowakei, Slowenien, Frankreich, Portugal, Irland, Lettland, Litauen und Finnland liegen die Zinsen unter 0,1%. In Zypern und Spanien sind sie zwar höher, aber immer noch unter 0,30%.

Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung beider Länder überrascht es nicht, dass nur Italien und Griechenland die Zinssätze für Unternehmenseinlagen konstant über einem halben Prozent (0,68 bzw. 0,71 %) halten – jedoch immer noch nicht annähernd hoch genug, um die Inflation zu übertreffen.

Einlagenzinsen für Unternehmen im Euroraum

Aktuelle Einlagenzinsen für Unternehmen im Euroraum
Durchschnittlicher Zinssatz für neue Einlagen, Unternehmen, Laufzeiten von 1 Jahr, Statistiken des Euroraums.

Attraktive Zinsen noch immer leicht zu finden

Sparer müssen sich durch eine Dramatisierung der Zinsentwicklung nicht beunruhigen lassen. Ganz egal, ob das Zinstief noch 5 Jahre, 30 Jahre oder für immer anhält: Bei Plattformen für Geldanlagen wie WeltSparen gibt es noch immer attraktiv verzinste Tages- und Festgelder. Vergleichen Sie selbst:

 

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