23.09.2019 | ca. 7 min. Lesezeit | Artikel drucken

Vanguard Gastbeitrag: Warum die ETF-Nachfrage steigt und wie Anleger die Fonds einsetzen

Im zweiten Teil unserer Serie mit Gastbeiträgen von Vanguard erläutert ETF-Spezialistin Chris Hofmann, warum der europäische ETF-Markt weiter wächst und welche Funktionen die börsengehandelten Indexfonds (ETFs) in einem Portfolio erfüllen.

Immer mehr Anleger in Europa setzen auf Exchange Traded Funds (ETF): Europäische Börsenfonds verwalten heute über 725 Milliarden Dollar oder 641 Milliarden Euro (siehe Abbildung unten).

Die Nachfrage nach ETFs wächst, denn immer mehr Anleger setzen die flexiblen Fonds nicht nur taktisch, sondern auch in langfristigen Anlagestrategien ein. Und von dem Wachstum profitieren nicht nur große institutionelle Investoren. Auch für Privatanleger ist diese Entwicklung positiv, denn ETFs verbinden Kosteneffizienz mit Diversifikation – und erzielen damit letztlich bessere Ergebnisse.

Anlagevermögen von ETFs in Europa.

Anleger können mit ETFs sowohl kurz- als auch langfristige Anlagestrategien umsetzen, wie wir an den folgenden sechs Beispielen erläutern:

1. Strategische Asset Allokation

ETFs eignen sich für zahlreiche kurzfristige Zwecke, doch auch immer mehr langfristige Anleger nutzen Börsenfonds, insbesondere zur Umsetzung ihrer strategischen Asset Allokation (Zusammenstellung der Anlageklassen, Anmerkung der Redaktion).

Europäische Anleger können heute zwischen unzähligen ETFs auswählen. In ihrer Vielfalt eignen sich die Fonds daher hervorragend als Portfoliobausteine. Neben Länder-ETFs, die etwa den S&P 500 oder den FTSE 100 abbilden, stehen auch regionale Fonds zur Auswahl, mit denen Anleger zum Beispiel in die Aktien des EuroStoxx 50 oder des breiter diversifizierten FTSE Developed Europe (auch im Raisin Invest ETF Robo enthalten, siehe Chart) investieren können. Auch am Rentenmarkt finden sich zahlreiche ETFs für ein länderspezifisches, aber auch ein regionales oder sogar globales Exposure* sowie für Staats- und Unternehmensanleihen.

Vanguard FTSE Developed Europe UCITS ETF

2. Taktische Anlagestrategien

ETFs sind vor allem als ideales Anlageinstrument für taktische Zwecke bekannt geworden. Wer sich zum Beispiel kurzfristig Gewinne am US-Aktienmarkt verspricht, kann mit einem S&P 500 ETF schnell ein entsprechendes Exposure herstellen – und mit nur einer Transaktion in ein diversifiziertes US-Portfolio mit Aktien großer Marktkapitalisierung (Large Cap) investieren.

3. Reduzierung von Renditeabweichungen

Unerwartete Mittelzuflüsse und das Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren in großem Umfang (Transition Management) können sich störend auf das Portfoliomanagement auswirken und zu Renditeabweichungen führen. Auch aktive Fondsmanager bedienen sich daher der Vorteile von ETFs.

Ein Beispiel: Einem Fonds fließen unerwartet hohe Mittel zu oder aber der Fondsmanager sitzt für kurze Zeit auf hohen Barreserven. Je länger er an diesen festhält, desto wahrscheinlicher werden Benchmark-Abweichungen. Ein diversifizierter ETF mit Exposure auf die entsprechende Benchmark oder Anlageklasse reduziert dieses Risiko und verschafft dem Manager mehr Spielraum für die Umsetzung seiner Strategie.

Auch bei einem Managerwechsel in aktiven Portfolios drohen Performance-Abweichungen, denn in der Regel ändert sich mit dem Manager auch die Portfoliostruktur. ETFs reduzieren auch hier das Risiko von Abweichungen oder Verlusten während der Übergangszeit.

4. Risikosteuerung

Verschiedene Märkte und Anlageklassen entwickeln sich unterschiedlich, die Zusammenstellung des Portfolios kann daher mit der Zeit von der ursprünglichen Zielgewichtung – z.B. das ursprüngliche Verhältnis von Aktien und Anleihen (Anm. d. Red.) – abweichen. Durch regelmäßiges Rebalancing – also mittels Kauf und Verkauf von Wertpapieren (Anm. d. Red.) – können Anleger eine Ziel-Allokation aufrechterhalten, die ihrem Risiko-/Renditeprofil entspricht. ETFs sind flexibel handelbar und erreichen das entsprechende Exposure augenblicklich, für strategisches Rebalancing sind sie daher bestens geeignet.

5. Liquidität

Seit der Finanzkrise sorgen sich viele Anleger um die Liquidität ihrer Instrumente. Dem können sie mit entsprechend hohen Barreserven begegnen, doch dann könnte sich auch das Risiko/Rendite-Profil ihres Portfolios verändern – womöglich ebenso deutlich wie unerwünscht.

Alternativ können sich Anleger für ein Overlay Management** entscheiden: Anstatt ihr Exposure zu reduzieren und in Barmittel umzuschichten, können Anleger z.B. in einen ETF mit äquivalentem Profil zu der entsprechenden Assetklasse investieren. Denn ETFs sind börsentäglich handelbar. Anleger können somit kurzfristig auf sich ändernde Marktverhältnisse reagieren und halten sich damit alle Optionen offen.

Dies wäre natürlich nur eine taktische Lösung zur Steuerung kurzfristiger Liquiditätsrisiken. Für längere Zeiträume und langfristige Anleger ist möglicherweise ein Overlay Management das richtige strategische Instrument. Traut ein Anleger der Liquidität am Markt grundsätzlich nicht, kann er seine strategische Asset Allokation auch einfach mit mehreren ETFs „spiegeln.“ So bleibt das Anlagevermögen vollständig investiert, durch den reibungslosen ETF-Handel ist dennoch Liquidität gewährleistet.

6. Aktiv/Passiv-Kombinationen

Chris Hofmann, Vanguard Senior ETF Specialist für Deutschland und Österreich
ETF-Spezialistin Chris Hofmann.

ETFs sind vor allem als passive Instrumente bekannt, die meisten dieser Fonds bilden die Risiko-/Renditemerkmale eines bestimmten Marktes oder einer Assetklasse ab. Mit aktiven Strategien wahren Anleger hingegen die Chance auf Mehrrenditen, allerdings um den Preis höherer Risiken und Unwägbarkeiten. Indem sie kosteneffiziente aktive Fonds mit Index-ETFs kombinieren, können Anleger einen Mittelweg gehen. Dazu eignet sich etwa eine Core-Satellite-Strategie mit einem passiven Kernportfolio und aktiven Fonds als Satelliten. Mit dem Index-Kernportfolio können Anleger kosteneffizient und bei kontrolliertem Risiko langfristig die Marktrendite (Beta) abschöpfen, die aktiven Satelliten-Fonds sorgen gegebenenfalls für Mehrerträge (Alpha).

Nicht jede dieser Strategien eignet sich für jedes Portfolio, bei der Auswahl der richtigen Instrumente sollten Anleger daher immer ihre langfristigen Anlageziele im Blick haben. Und natürlich sollten sie Kosten und Vorteile genau abwägen.

Dennoch unterstreichen die hier beschriebenen Strategien die Vielseitigkeit von ETFs. Mit den flexiblen Fonds können Anleger einfach und kosteneffizient in zahlreiche Assetklassen investieren, und genau deshalb nimmt die Nachfrage nach ETFs weiter zu.

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Anmerkungen der Redaktion:

*Exposure: Der Begriff „Exposure“ bezeichnet die Exponierung des Anlagekapitals an den Finanzmärkten. Nur wer sich den Finanzmärkten stellt, also investiert ist, kann von ihrer Wertentwicklung profitieren.

**Overlay Management: Der Begriff umfasst aktive Risikosteuerung in volatilien Märkten, z.B. durch die Hinzunahme von Anlageklassen, die Verluste im Portfolio abfedern sollen. . 

 

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Autorin und Foto: Chris Hofmann, Vanguard Senior ETF Specialist für Deutschland und Österreich.

Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken:

Der Wert von Anlagen und die daraus resultierenden Erträge können steigen oder fallen, und Investoren können Verluste auf ihre Investitionen erleiden. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für künftige Erträge.

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