18.11.2014 | ca. 4 min. Lesezeit | Artikel drucken

Strafzinsen auf private Einlagen

Eine wirtschaftspolitisch einmalige Meldung ging kürzlich durch die deutsche Presse: die Deutsche Skatbank, eine Internet-Tochter der Volksbank aus Thüringen, verlangt ab dem 1. November zum ersten Mal einen negativen Zinssatz von 0,25% auf Tagesgeldkonten von Anlegern mit Einlagen höherer Größenordnung. Nun gibt es mittlerweile die zweite europäische Bank, die sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Auch die DZ Privatbank in Luxemburg will Kunden 0,25% pro Jahr von ihrem Guthaben abziehen, betroffen hiervon sind vor allem Gelder von Fonds („Handelsblatt“ vom 12.11.2014). Auch wenn bei den bisherigen Strafzinsen Sparguthaben in normaler Höhe (noch) nicht betroffen sind, ist dies ein neuer Negativrekord. Bisher bedeuteten die Niedrigzinsen von durchschnittlich 0,5% (Quelle: Statistisches Bundesamt) vor allem, dass nach Abzug der Inflationsrate das Vermögen an Wert verliert. Negative Zinsen jedoch beschleunigen den Wertverlust, de facto muss der Kunde die Bank nun also dafür bezahlen, bei ihr Einlagen zu haben.

Was bedeutet das für Sparer?

Vor allem die Sparer mit Guthaben aus den wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland leiden durch diese Politik bereits jetzt unter Niedrigzinsen unterhalb der Inflation für ihr erfolgreich gesammeltes Vermögen. Es ist sogar laut Asoka Wöhrmann, dem führenden Anlagestrategen der Deutschen Bank, durchaus möglich, dass Strafzinsen auf Tagesgeld und Sparkonten die Norm werden:

„Banken werden irgendwann genau das an die Kunden weitergeben, was die Europäische Zentralbank ihnen bereits abverlangt. […] Bislang geben die Banken diesen negativen Zins höchstens an Geschäftskunden weiter. Doch das trifft auch bald Privatkunden.“

(A. Wöhrmann, in einem Interview mit „Die Welt“ vom 5.11.2014)

Bislang versichern beispielsweise sowohl der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) als auch die Commerzbank, Strafzinsen auf private Einlagen seien zur Zeit nicht geplant. Laut Jürgen Fitschen (Co-Chef der Deutschen Bank), in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), gelte jedoch: „Jedes einzelne Institut muss sich mit dem Thema auseinandersetzen“ (Spiegel Online am 10.11.2014). Die Folgen eines regulären Negativzinses auf Sparguthaben wären fatal, das Vertrauen der Sparer in Politik und Finanzwirtschaft wäre langfristig stark beschädigt.

Wie entstehen Negativzinsen?

Die Ursache für diese für den Sparer bedenkliche Entwicklung der Negativzinsen liegt in der gegenwärtigen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) unter der Führung des Präsidenten Mario Draghi. Die EZB entschied bereits im Juni 2014 erstmalig den Zins für Einlagen der europäischen Geschäftsbanken mit -0,2% zu verzinsen. Das bedeutet, dass das Geld welches die Geschäftsbanken bei der EZB anlegen an Wert verliert. Nun ist erstmalig dieser Wertverlust an private Anleger weitergereicht worden. Der Sinn dieser Maßnahme der EZB ist es, die Wirtschaft des Euroraumes über steigende Kredite für Unternehmen und Verbraucher anzukurbeln, denn es ist selbstverständlich sinnvoller für eine Bank Geld zu verleihen und über die Rückzahlung der Kredite die Geldmenge zu vermehren als einen Wertverlust zu erleiden. Damit soll langfristig auch der Euro gestärkt werden.

Gleichzeitig sind besonders die Märkte für Aktien und Anleihen gerade durch die günstigen Kredite der EZB an die Geschäftsbanken auf sehr hohem Niveau. Denn diese investieren das „billige“ Geld der EZB vor allem auf dem Kapitalmarkt, der größere Gewinnspannen verspricht als Kredite an Unternehmen zu vergeben. Das macht den Einstieg in Aktien und Fonds für normale Anleger weniger attraktiv. Der Immobilienmarkt steht vor ähnlichen Problemen. Die Preise stehen hoch, wer jetzt investiert riskiert einen späteren Verlust, denn die Gefahr einer Blasenbildung wie in der Wirtschaftskrise 2008 mit starkem Wertverlust von Aktien, Immobilien und vermeintlich sicheren Fonds ist gegeben.

Deswegen wünschen sich viele Sparer die Sicherheit und Verfügbarkeit der festverzinslichen Einlage, denn ihnen geht es vor allem um langfristigen Zuwachs und die Möglichkeit, kurzfristig über Reserven zu verfügen, ohne das ihr Vermögen von unvorhersehbaren politischen und wirtschaftlichen Ereignissen abhängig ist.