18.05.2016 | ca. 4 min. Lesezeit | Artikel drucken

Interview mit Bundestagsabgeordneten Florian Post

Florian Post ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und vertritt dort den Wahlkreis München-Nord. Er ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie und im Finanzausschuss. Mehr Infos finden Sie auf: www.florian-post.de

Herr Post, Sie sind Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Welchen Stellenwert haben Startups bei der SPD?
Start-ups sind zentrale Treiber des digitalen Wandels und eine wichtige Quelle für zukunftsweisende Innovationen. Die Zahl der Existenzgründungen im Start-up-Sektor ist in Deutschland allerdings immer noch zu niedrig. Start-ups zeichnen sich durch ihre Offenheit für neue Wege, eine große Dynamik und eine ausgeprägte Risikobereitschaft aus. In innovationsstarken Unternehmen wachsen Wertschöpfung und Beschäftigung schneller als im Durchschnitt. Auch Wohlstand und Lebensqualität der Menschen werden von Innovationen positiv beeinflusst. Gerade für ein Land wie Deutschland mit einer starken industriellen Basis liegt in der Verknüpfung von etablierten Industrieunternehmen mit aufstrebenden, innovativen Start-ups ein großes Potential für beide Seiten und die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.
Start-ups von unnötiger Bürokratie zu befreien ist dabei eine wichtige Aufgabe der Politik. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz sind wir hier einen großen Schritt vorangekommen und haben Start-ups und kleine Unternehmen von unnötigen Berichtspflichten befreit. Eine weitere Hürde ist die oft unzureichende Kapitalausstattung in der Gründungs- und Wachstumsphase. Um hier Abhilfe zu schaffen haben wir für 2016 beispielsweise den Zuschuss für Wagniskapitalinvestitionen im Programm INVEST um 50% erhöht.

 

Gerade die Menschen in Deutschland sparen fleißig, bekommen aber in der aktuellen Niedrigzinsphase keine Zinsen mehr. Damit gerät auch die Altersvorsorge der „Normalverdiener“ oft in eine Schieflage. Wie in einem gemeinsamen Binnenmarkt naheliegend, nutzen deshalb immer mehr Kleinanleger die Möglichkeit Tages- und Festgeld im EU-Ausland zu etwas höheren Zinsen anzulegen. Wie steht die SPD zu der Idee des europäischen Binnen- und Finanzmarkts?
Der europäische Binnenmarkt ist eine Errungenschaft, von der gerade Deutschland mit seiner exportorientierten Wirtschaft immer profitiert hat. Das Problem der aktuellen Niedrigzinsphase ist nicht der gemeinsame Binnen- und Finanzmarkt, sondern die schlechte wirtschaftliche Lage in anderen Euro-Ländern. Die Zinsentscheidungen trifft die Europäische Zentralbank unabhängig vom Einfluss der Regierungen nach ihrem eigenen Ermessen. Die EZB hat die Zinsen auf dieses historische Tief gesenkt, um Liquidität für dringend benötigte Investitionen günstig bereitzustellen und damit dem wirtschaftlichen Abschwung entgegenzuwirken. Das ist für deutsche Sparer aber problematisch, da eben gleichzeitig das Zinsniveau für ihre Ersparnisse sinkt. Da ist es wenig beruhigend, dass auch die Inflationsrate auf sehr niedrigem Niveau ist und Lohnerhöhungen einen realen Zuwachs im Geldbeutel bedeuten. Die Lösung liegt aber nicht darin, den europäischen Binnenmarkt oder die gemeinsame Währung in Frage zu stellen. Das hätte fatale Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und auf viele Arbeitsplätze. Viel wichtiger ist, dass auch in der gesamten Eurozone eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage erfolgt.

 

Die SPD Fraktion, aber auch Sie selbst stehen für gute, qualitative Arbeitsplätze. Startups schaffen neue Arbeitsplätze. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation von Startups: Denken Sie, dass es aktuell genug Möglichkeiten gibt, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen?
Die Sicherung guter Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen ist das Kernanliegen sozialdemokratischer Politik: „Gute Arbeit für alle“ ist der Leitspruch unserer Politik. Mit dem Mindestlohn und einer Stärkung der Tarifbindung haben wir ein wichtiges Versprechen eingelöst und umgesetzt. Wir wollten erreichen, dass Menschen in Arbeit nicht mehr von ergänzenden Sozialleistungen abhängig sind und dem Sozialdumping vieler Unternehmen ein Ende gesetzt wird. Unser Ziel, der Arbeit von Millionen Menschen wieder Wert und Würde zurückzugeben, haben wir damit erreicht. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass der Mindestlohn in Zeiten der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Wandel unserer Arbeitswelt  nicht ausreichen wird um „gute Arbeit“ dauerhaft zu sichern. Die SPD hat sich daher schon frühzeitig mit den Themen Start-ups, Digitalisierung und Arbeit 4.0 auseinandergesetzt. Die Digitalisierung der Arbeitswelt hat tiefgreifende Auswirkungen auf Arbeitszeitmodelle, die betriebliche Mitbestimmung, die Sozialversicherungssysteme, Arbeits- und Arbeitnehmerdatenschutz. In einer fraktionsinternen Projektgruppe adressieren wir all diese Themen und finden Lösungen, auch die rechtlichen Rahmenbedingungen der neuen Arbeitswelt anzupassen.

Vielen Dank für das Gespräch!