Die größten Banken in Deutschland zahlen nur 0,03 % Zinsen p.a. Die besten Festgeld-Angebote liegen bis zu 38-mal höher. Außerhalb der Landesgrenzen öffnet sich diese Zinsschere noch weiter.
Die durchschnittlichen Zinsen in Deutschland schwanken kaum und bewegen sich auf einem Niveau von 0,3 %. Im vergangenen Monat sind sie um lediglich 3 Basispunkte (BP) gesunken und im Monat darauf um 2 BP gestiegen. Die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr fällt da schon viel deutlicher aus: Die Zinsen in Deutschland sind von diesem niedrigen Niveau um 2 Drittel (67 %) gestiegen, wie das aktuelle Zinsradar von WeltSparen ergibt.
Aber selbst dieser Anstieg reißt niemanden mehr vom Hocker. Denn die größten deutschen Banken, die immer noch die meisten Kunden haben, zahlen schon lange so gut wie gar keine Zinsen mehr auf Spareinlagen. Sparer schauen daher lieber auf die Top-Angebote und können beobachten, wie sich die Zinsschere immer weiter öffnet:
Die Zinsen der 3 größten Banken betragen Ø 0,027 % p.a. und die der 3 Top-Angebote betragen Ø 1,003 % p.a., das entspricht einem Faktor von 38 (WeltSparen-Zinsradar Januar 2019).
Noch im Vormonat lag der Faktor bei „nur“ 31. In Deutschland ist diese Zinsschere im Vergleich zu anderen Ländern Europas mit Abstand am weitesten geöffnet:
Einlagenzinssätze der größten Banken

EZB: 2019 vermutlich keine Zinserhöhung
Auf einen externen Impuls für die Zinslandschaft brauchen Sparer nicht zu warten. Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt ihre Geldpolitik nach dem Januar-Meeting unverändert. Der Einlagenzins für Banken bleibt auf einem historisch niedrigen Stand von -0,4 %. Die Marktpreise reflektieren einen Anstieg dieses Zinses erst zur Mitte des Jahres 2020. Eine Zinserhöhung im laufenden Jahr scheint also so gut wie ausgeschlossen.
Historischer Einlagenzins für Privatkunden

Die Zentralbanker bemerken allerdings „eine schwächere Entwicklung und eine veränderte Balance im Risiko für Wachstum“. Die Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität in der Euro-Zone wird ausgelöst durch Unsicherheiten beim globalen Handel, die Gefahr eines Brexit und die hohen Schulden Italiens. Das Lohnwachstum verlangsamt sich weiter und ein prognostizierter Anstieg der Inflation ist nicht erfolgt. Exporte und Investitionen der Euro-Zone verlangsamen sich ebenfalls.
Die Wirtschaftskraft von Deutschland (-0,2 %) und Italien (-0,1%) ist im dritten Quartal geschrumpft. Die italienische Zentralbank kündigte an, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal 2018 erneut abgenommen haben könnte, was Italien in eine Rezession stürzen würde. Aktuelle Daten soll es am Donnerstag, den 31. Januar 2019, geben.
Sparer suchen jenseits der Landesgrenzen
Einen Monat nach dem Ende des Anleihenkauf-Programms durch die EZB sind die Zinsen weiter gesunken: In Europa um 3 % im Vergleich zum Vormonat und um 19 % im Vergleich zum Vorjahr. Auf der Suche nach höheren Zinsen lohnt sich ein Blick über die Landesgrenzen trotzdem.
Innerhalb Europas gibt es die höchsten Zinsen in den Niederlanden (1,33 %) und in Frankreich (1,01 %). Die Zinsen in Italien stiegen deutlich um 9 Basispunkte zum Vormonat und setzten ihren Aufwärtstrend fort, der in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres begann.
Die größten Verlierer sind Sparer in der Slowakei mit einem Zinsrückgang von 7 Basispunkten. Allerdings liegen die Zinsen immer noch 16 Basispunkte über dem Stand vom Vorjahr.
Bei den Fremdwährungs-Einlagen gibt es 2 klare Gewinner: In Polen und der Tschechischen Republik sind die Zinsen jeweils um beeindruckende 20 Basispunkte gestiegen.
In Großbritannien waren die Zinsen zuletzt leicht gestiegen. Der drohende Brexit macht sich jedoch noch nicht nachhaltig in der Zinsentwicklung für Privatkunden bemerkbar. Im Vergleich zum Vormonat sind die Zinsen in Großbritannien wieder um 7 Basispunkte gesunken.
Zinsvergleich zum Vormonat und Vorjahr

Die Zinsentwicklung in Italien lässt sich nicht nur an den Vorgaben der EZB ablesen, sondern auch durch einen Blick auf Zins-Portale. Im Vergleich zum Vormonat sind die italienischen Zinsen für 1-jähriges Festgeld auf 1,75 % p.a. und für 3-jähriges Festgeld auf 2,28 % p.a. gestiegen.
Die Zinsen auf Fremdwährungen sind am höchsten. Am deutlichsten ist das in Polen der Fall. Dieser Umstand ist u.a. einem Top-Angebot der Idea Bank mit 3,10 % Zinsen p.a. für Einlagen in Polnische Zloty (PLN) zuzuschreiben.
Zinsvergleich 1-jähriger und 3-jähriger Einlagen

Geschäftskunden-Zinsen weiter auf Talfahrt
Im Durchschnitt sind auch die Zinsen für Geschäftskunden wieder gesunken. Eine Ausnahme stellt Litauen dar. Dort gab es einen Anstieg von 9 Basispunkten, was einem Anstieg um 112,5 % im Vergleich zum Vormonat entspricht. Allerdings sind die Zinsen lediglich auf den Vorjahres-Stand zurückgekehrt.

In Italien stiegen die Zinsen für Geschäftskunden auf insgesamt 62 Basispunkte, was einem Anstieg von 10 Basispunkten im Vergleich zum Vormonat entspricht.
Den größten Abschwung mussten Unternehmer in Zypern hinnehmen. Die Geschäftskunden-Zinsen sanken dort um 29 Basispunkte zum Vormonat und um 92 Basispunkte im Vergleich zum Vorjahr.
Geschäftskunden: Zinsvergleich in Europa

Fazit
Es zeigt sich ein altbekanntes Bild in der europäischen Zinslandschaft. Bis auf wenige Lockangebote in einzelnen Ländern ist die Zinsentwicklung noch immer fallend. Eine Übersicht über dauerhaft hohe Zinsen bieten Vergleichsportale für Sparer, die sich nicht mit den mageren Angeboten der Großbanken zufrieden geben wollen.
Quellen: Reuters, Bloomberg, EZB, Euro Area Statistics, eigene Analysen von Raisin