15.07.2015 | ca. 5 min. Lesezeit | Artikel drucken

Europäische Bankenunion: Bankexperte Prof. Dr. Steffen im Interview mit WeltSparen

Der unglaubliche Erfolg innerhalb so kurzer Zeit spricht für die Qualität von WeltSparen als Produkt und dessen Idee.

Bild Sascha SteffenHerr Professor Dr. Steffen, seit November letzten Jahres wurde von der EU die sogenannte Europäische Bankenunion initiiert und in Kraft gesetzt. Können Sie unseren Lesern die grundlegende Struktur dieser Union erläutern? Welchen Einfluss wird dieser Schritt auf den durchschnittlichen europäischen Bankkunden ihrer Meinung nach haben?
Die Bankenunion besteht aus drei Teilen, (1) einer gemeinsamen Bankenaufsicht, (2) einem einheitlichen Abwicklungsmechanismus von Banken (3) und einer gemeinsamen Einlagensicherung. Das Ziel der Bankenunion ist ein stabiler Finanzsektor und ein stabiles Wirtschaftswachstum. Europa soll in der Lage sein, dass angeschlagene Banken nicht mehr durch den Einsatz von Steuergeldern gerettet werden müssen. Die Verbindung von Banken und Staaten, die beide in einer potentiell ruinösen Abwärtsspirale vereinen kann, soll damit durchtrennt werden. Für den Bankkunden wird sich erst einmal nicht viel ändern. Werden Bankprodukte teurer? Vielleicht, die verschärften regulatorischen Bedingungen für die Banken (nicht nur durch die Bankenunion) haben den Kostendruck auf die Banken stark erhöht. Den Kunden als Steuerzahler betrifft das natürlich schon, wenn z.B. das Geld deutscher Steuerzahler für die Rettung griechischer Banken eingesetzt wird. Man kann schließlich jeden Euro nur einmal ausgeben.

Halten Sie das Konzept der Europäischen Bankenunion für sinnvoll? Sind Sie der Meinung, dass es sich um einen Fortschritt hinsichtlich der Stabilität des Europäischen Finanzsektors handelt?
Das große Ziel der Bankenunion wird nicht erreicht werden, Finanzstabilität und nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Europa sind (noch) in weiter Ferne. Die Bankenunion ist doch mit einem Stresstest gestartet, der sicherstellen sollte, dass alle europäischen Banken stabil sind, wenn wir sie nach einem einheitlichen Schema bewerten. Was haben wir heute? Griechenland ist pleite, die griechischen Banken sind pleite…das hörte sich vor 10 Monaten noch alles ganz anders an.

Die EZB hat vor der Einführung der Bankenunion systemrelevante Banken mittels des sogenannten Bankenstresstests untersucht. Hat sich dabei eine geographische Tendenz zur Krisenfestigkeit bei den untersuchten Banken abgebildet?
Die Banken, die die meisten Verluste bei den Stresstests realisiert haben, kommen aus den Ländern Italien und Griechenland (zusätzliche bekannte Banken wie Dexia). Es ist mit Sicherheit richtig, dass die Banken in den Peripherieländern vielleicht „riskanter“ sind, gerade da noch viele schlechte Kredite etc. in ihren Büchern vorhanden sind und hier die Staaten krisenanfälliger sind. Aber es gibt marode Banken in allen Ländern (auch in Deutschland). Die Frage ist nur: haben wir sie identifiziert? Da bin ich eher skeptisch.

Gibt es Staaten die besonders von der Bankenunion profitieren? Welche Staaten schätzen Sie persönlich zurzeit als äußerst stabil und krisenfest ein?
Die Profiteure der Bankenunion sind klar die Länder wie Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien, die auch große Profiteure der Einführung des Euros waren und seitdem eine private und staatlich hohe Verschuldung angesammelt haben. Stabile Länder sind nach wie vor Länder wie Deutschland, die Niederlande und (noch) Frankreich.

Im Zusammenhang mit den aktuellen Grexit-Spekulationen wird über konkrete Maßnahmen zur Stärkung der restlichen Eurozone spekuliert, insbesondere ist eine gemeinsame Einlagensicherung für Sparguthaben wieder in Diskussion, um die Rest-Unsicherheiten der Sparer zu beseitigen. Wie sehen Sie eine solche weitere Vergemeinschaftung hin zu einer echten Bankenunion?
Als Ökonom würde ich sagen, dass eine gemeinsame Einlagensicherung notwendig ist, um sogenannte „bank runs“ zu vermeiden. Wir haben gerade in Griechenland gesehen, wie schnell Milliarden von Euros von den Bankkunden abgehoben worden sind, als bekannt wurde, dass die Staatspleite Griechenlands (und damit die der Banken) eine ernsthafte Bedrohung war. Damit haben sich die Liquiditätsprobleme der Banken um ein vielfaches erhöht, was eine mögliche Insolvenz der Banken noch beschleunigt hat. Eine gemeinsame Einlagensicherung hätte dieses wahrscheinlich eindämmen können. Allerdings würde dieses zu einer direkten Vergemeinschaftung der Risiken der Banken und damit zu einer direkten Gefahr für den Steuerzahler führen (vollständig an den nationalen Parlamenten vorbei).

Herr Professor Steffen, Sie kennen sowohl das Modell, als auch das Team von WeltSparen sehr gut. Wir selber sehen uns als zutiefst europäisches Projekt. Wie schätzen Sie das WeltSparen-Geschäftsmodell ein?
Ich bin sehr von dem Geschäftsmodell überzeugt. Es birgt viele Vorteile für Kunden und Banken. Die letzten Jahre hat die Integration der europäischen Finanzmärkte stark zurückgeworfen. Viele europäische Banken (die eigentlich ein gesundes Geschäftsmodell haben) leiden darunter und benötigen weiter Kundeneinlagen für ein gesundes Wachstum. Auf der anderen Seite hat die Krisenpolitik auf nicht absehbare Zeit das Zinsniveau beinahe auf Null gesenkt. Für Bankkunden, die auch für ihr Alter vorsorgen müssen, ist das eine Katastrophe. Ein Intermediär wie WeltSparen, der diese beiden Parteien über Ländergrenzen hinweg zusammenbringen kann, ist ein Vorteil für die Kunden und Europa.

WeltSparen weist mittlerweile mehr als 20 Tsd. Kunden mit über 400 Millionen Euro an Kundeneinlagen auf. Was wünschen Sie uns und was könnten wir zukünftig noch besser machen?
Der unglaubliche Erfolg innerhalb so kurzer Zeit spricht für die Qualität von WeltSparen als Produkt und dessen Idee. Jede Weiterentwicklung, die den Zugang von Kunden zu diesem Produkt ermöglicht, die bislang noch nicht davon profitieren, wäre eine große Hilfe.