17.12.2018 | ca. 6 min. Lesezeit | Artikel drucken

Fibank: WeltSparen setzt europäische Idee in die Praxis um

Vor 5 Jahren wurde die First Investmentbank (Fibank) die erste Partnerbank von WeltSparen. Im Interview erzählt Minka Mihaylova, Fibank-Direktorin für Compliance – Regulations & Standards, wie die Zusammenarbeit zustande kam und wie die Pläne für die Zukunft aussehen. 

WeltSparen: Hallo Frau Mihaylova. Warum hat sich die Fibank dazu entschieden, so viel Vertrauen in ein FinTech aus Berlin auszusprechen, das damals mit einem vollkommen neuen und unerprobten Geschäftsmodell auf Sie zugekommen ist?

Minka Mihaiylova: Im Privat- wie auch im Geschäftsleben muss man oft richtungsführende Entscheidungen treffen. 2013 war Raisin (damals noch SavingGlobal) ein eher unbekanntes FinTech-Startup. Aber das Projekt der Gründer Tamaz Georgadze, Frank Freund und Michael Stephan klang vielversprechend und bei der Fibank haben wir bereits Erfahrungen mit innovativen, vielseitigen Projekten, die Aussicht auf Erfolg mitbringen.

Uns wurde eine neue Möglichkeit präsentiert, wie wir Geldmittel einwerben konnten, und das zu einer Zeit nach der globalen Krise 2008, in der der Interbankenmarkt stagnierte. Dabei handelte es sich um ein gut ausbalanciertes Projekt mit klaren Rollen und Verbindlichkeiten, von dem alle Beteiligten profitieren konnten. Es war nicht zu unterschätzen, dass die Aufsichtsbehörden bereits mit dem Projekt vertraut waren und es begleiteten. Heute, 5 Jahre später, können wir selbstbewusst sagen: WeltSparen war die richtige Entscheidung und wir sind stolz darauf, die erste Bank zu sein, die dieses Projekt unterstützt hat.

Spulen wir vor bis zur Gegenwart: Sparer aus Deutschland können über WeltSparen bei der Fibank Festgeld mit 4 unterschiedlichen Laufzeiten eröffnen und kassieren bis zu 1,05 % Zinsen. Was sind die größten Vorteile, die für die Fibank aus der Kooperation mit WeltSparen entstehen?

Die Entwicklung neuer Einlagenprodukte, ihre Anpassbarkeit und die maßgeschneiderten Bedürfnisse der Kunden haben immer Priorität. Heute sind die Zinsen entlang des Trends der europäischen Geldmärkte niedriger, aber wir haben unsere Einlagenprodukte weiterentwickelt und können deutschen Kunden Flexibilität und eine Produktauswahl anbieten. Zum Beispiel können Kunden ihr Produkt entweder automatisch verlängern oder ein anderes Fibank-Festgeld auswählen, welches über die WeltSparen-Plattform angeboten wird. Sie können sich aussuchen, ob sie die Zinsen wieder anlegen oder eine Auszahlung auf das Referenz-Konto der MHB-Bank erhalten möchten, usw.

Der größte Vorteil für die Fibank ist der direkte Zugang zu einem so riesigen Markt wie dem deutschen. Das WeltSparen- (Raisin-) Projekt setzt die Möglichkeiten der europäischen Gesetzgebung über einen freien Kapitalfluss in der Praxis um, mit einheitlichen Regulierungen und Entwicklungsmöglichkeiten auf einem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt.

Andere Vorteile stehen im Zusammenhang mit der Diversifikation der geliehenen Gelder, das ist ein wichtiger wirtschaftlicher Indikator für eine Finanzinstitution. Die Fibank ist eine der führenden Banken in Bulgarien und wurde mehrmals für die Qualität ihrer Dienstleistungen ausgezeichnet. Einlagen aus anderen Mitgliedstaaten Europas über die Raisin-Plattform zu erhalten ist ein relativ schneller und einfacher Weg unsere Quellen der Refinanzierung zu optimieren.

Außerdem sind die Regeln der Einlagensicherung für alle Mitgliedstaaten harmonisiert, was Festgeld über die Plattform für Kunden noch attraktiver macht. Nicht zuletzt ist es der Austausch von Erfahrungswerten, Wissen und Ideen. Die Plattform wird schon von über 60 Banken aus 19 Ländern Europas genutzt und das ist wahrhaftig inspirierend.

Die Fibank konnte Kunden 2013 noch 3 % Zinsen p.a. für Festgeldeinlagen anbieten. Seitdem sind die Zinsen in Europa flächendeckend dramatisch gesunken. Glauben Sie, dass die Zeit gekommen ist, um diesen Trend umzukehren und befindet sich die EZB auf dem richtigen Weg, die Zinsen Ende 2019 anzuheben?

Ja, unsere Prognosen sehen eine graduelle Anhebung der Zinsen in den kommenden Jahren voraus. Bulgarien ist noch nicht Teil der Euro-Zone, aber nichtsdestotrotz ist unser Markt eng mit dem europäischen verbunden und die EZB-Politik hat einen bedeutenden Einfluss auf uns. Wie wir wissen, hat die EZB die Leitzinsen seit 2016 nicht verändert und den aktuellsten Aussagen zufolge wird diese Politik noch bis Herbst 2019 anhalten. Der Prozess der Zinsanhebung ist langsam und hängt zu einem großen Teil an positiven Entwicklungen sowohl im makroökonomischen Umfeld als auch im Kreditgeschäft, die bereits sichtbar sind.

Im europäischen Fintech-Sektor ist viel geschehen, nicht nur im Bezug auf Sparprodukte. Suchen Sie nach Kooperationen mit anderen Fintechs, die sich auf das Kreditgeschäft, Bezahlwesen, Finanzierung oder anderes spezialisieren?

Der Fintech-Sektor wächst sehr schnell und folgt der rapiden Entwicklung der Informationstechnologie. Die zweite Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) wird das Online-Bezahlwesen und Finanzierungsdienstleistungen nach vorn bringen sowie neue Perspektiven für die Kreditvergabe und andere Dienstleistungen eröffnen. Als eine Bank, die Innovationen unterstützt, wird die Fibank auf alle neuen Herausforderungen und Trends bei der Entwicklung von Dienstleistungen eingehen. Wir empfinden die PSD2-Direktive nicht nur als Regulierung, sondern auch als eine Opportunität, um Online-Dienstleistungen maßgeschneidert auf das individuelle Profil des Kunden anpassen zu können. Ob wir das wollen oder nicht, die virtuelle Welt verstärkt ihre Präsenz und wird zunehmend realer.

Ist es wahr, dass die Fibank mehr auf Geschäftskunden eingehen möchte und wird es ein neues Produkt für deutsche Geschäftskunden geben?

Im Rahmen der Umsetzung unserer Strategie für die Entwicklung von Privat- und Geschäftskunden-Banking startet die Fibank Einlageprodukte für kleine und mittlere Unternehmen über WeltSparen. Wir werden mit 2 Produkten starten: 1-jähriges und 2-jähriges Festgeld mit Zinsen in Höhe von jeweils 0,55 % p.a. und 0,65 % p.a.. Die Option zur Auswahl zwischen einer Wiederanlage der Zinsen oder dessen Auszahlung nach Fälligkeit wird bestehen bleiben, genau wie bei unseren Privatkunden-Angeboten. Weiterführend planen wir unsere Präsenz auf die WeltSparen-Plattform in Österreich und in andere Märkte zu erweitern.

Was sind die größten Herausforderungen, die die Fibank in den vergangenen 5 Jahren bewältigen musste und in welche Richtung möchte sich die Bank in den kommenden 5 Jahren entwickeln?

Eine der größten Herausforderungen der Industrie – wie auch für die Fibank – war die wachsende Bedeutung der Digitalisierung im Bereich der Bankdienstleistungen. Banken haben die Erfahrungen und Ressourcen, um neue Strukturen zu schaffen, aber werden durch Regulierungen ausgebremst und davon, dass sie mehr auf Stabilität und Tradition achten. Startups sind flexibel und passen sich schneller an, brauchen aber Unterstützung und müssen nachhaltig wachsen. Deshalb glauben wir, dass gegenseitige Zusammenarbeit zwischen Bankensektor und Fintechs die richtige Formel für Fortschritt auf dem Feld der Online-Dienstleistungen sein wird. Die Raisin-Plattform ist dafür ein gutes Beispiel.

In diesem Jahr feiert die Fibank ihren 25. Geburtstag. Im Laufe der Jahre konnten wir unsere Marke auf dem bulgarischen Markt als ein Standard für hohe Qualität etablieren. Unsere Pläne für die Zukunft sind an einer nachhaltiger Entwicklung orientiert, auch im Hinblick auf die Expansion der Fibank-Gruppe, gleichzeitig möchten wir unseren vorherrschenden Fokus auf unseren Kunden-Service aufrecht erhalten.

Frau Mihaylova, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.